Lagerhallenbrand

Datum: 12. März 1999 um 0:00 Uhr


Einsatzbericht:

100 Feuerwehrleute mit Gefahrgutzug und Drehleiter im Einsatz – Drei Millionen Mark Schaden?

Bad Münstereifel – Iversheim – Es war ein Tag wie unzählige vorher in der erfolgreichen Geschichte der Firma „Kissling Motorsport“. Gegen 17:30 Uhr am Freitag machten die Mitarbeiter Feierabend. Für den nächsten Morgen waren Testfahrten auf dem Nürburgring geplant. Doch dreieinhalb Stunden später stand die Werkstatt des Unternehmens am Bendenweg, das Motoren entwickelt und Rennfahrzeuge baut, in hellen Flammen. An die 100 Feuerwehrleute bekämpften den Großbrand im Münstereifler Gewerbegebiet. Sie verhinderten, dass die Halle der renommierten Tuning – Firma komplett zerstört wurde.

Anders 13 hochwertige Opel – Rennwagen: Sie brannten zum Teil aus und sind seit Freitag Abend so gut wie unbrauchbar. Der Gesamtschaden liegt nach einer Schätzung der Polizei bei mehr als einer Million Mark. Das Unternehmen sprach allerdings von rund drei Millionen Mark. Unmittelbar vor Beginn der neuen Rennsaison, stehen Firmenchef Helmut Kissling, sein als Fahrer sehr erfolgreicher Sohn Stefan und ihre Mitarbeiter im wahrsten Sinne des Wortes vor einen Trümmerhaufen. Weite Teile der angemieteten Halle, deren Grundfläche rund 1000 Quadratmeter beträgt, wurden ein Raub der Flammen.

Vermutet wird, dass das Feuer im Obergeschoß ausbrach. Helmut Kissling sagte in der Brandnacht: „Ein paar Autos hätten gerettet werden können. Aber die Feuerwehr hat das verhindert.“ Seine Frau Ursula wiederholte die Vorwürfe am Samstag: Es habe zuerst im hinteren Teil der Halle gebrannt. Der Bereich in dem der Gros der Wagen stand sei anfangs „nur leicht verqualmt“ gewesen. Helfer, die schnell am Ort waren, hätten einige Wagen durchaus noch in Freie schieben können, so die Frau des Firmenchefs. Der Einsatzleiter, Münstereiflers Stadtbrandmeister Rolf Kunze und Kreisbrandmeister Willi Fuchs, der ebenso vor Ort war wie sein Stellvertreter Peter Pesch, wiesen die Vorwürfe zurück. Sie sagten, ein Betreten der Werkstatt sei aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich gewesen.

Im Einsatz waren die Wehren aus Iversheim, Arloff, Eschweiler Kalkar, Eicherscheid, Bad Münstereifel, Nöthen, Schönau und Mahlberg. Als die ersten Kräfte eintrafen brannte der Mittelteil der Halle schon lichterloh. Brauner, stinkender Qualm quoll aus allen Ritzen. Die Feuerwehr ging von zwei Seiten gegen die Flammen vor, schließlich auch aus der Luft und zwar von der Drehleiter aus Euskirchen. Plötzlich aber schlugen riesige Flammen durch das Dach, so dass der Drehleiterwagen auf den von zahlreichen Schaulustigen bevölkerten Bendenweg zurückgezogen werden musste.

Weil die Rauchentwicklung enorm war, Lacke und Kunststoffe verbrannten und Iversheimer Bürger um ihre Gesundheit fürchteten, wurde auch der Euskirchener Gefahrgutzug alarmiert. Luftmessungen hätten aber keine negativen Ergebnisse ergeben, teilte die Einsatzleitung mit. Kurz vor 23 Uhr, rund zwei Stunden nach Ausbruch des Feuers, hatten die Einsatzkräfte, die auch Erftwasser einsetzten, den Brand unter Kontrolle. Zwar musste die Wehr immer wieder aufzüngelnde Flammen löschen, auch noch morgens um 4 Uhr.

Doch gegen Mitternacht konnte die Familie Kissling erstmals einen Blick in die Werkstatt werfen. Die unvorstellbare Hitze hatte schwere Stahlträger der Deckenkonstruktion verbogen wie Knetgummi. Neben den Rennwagen waren auch teures Spezialwerkzeug und mehrere Opel – Motoren ein Raub der Flammen geworden. Einige Calibra – Triebwerke waren durch die eingebrochene Zwischendecke gestürzt. Andere kamen nur mit Löschwasser in Berührung. Mitarbeiter schafften die von Korrosion bedrohten Rennmotoren am Samstag ins Freie. Auf eigene Gefahr, wie Helmut Kissling nach einer entsprechenden Absprache mit der Polizei sagte.

Unter den demolierten Wagen befinden sich auch zwei Opel Astra, mit denen Stefan Kissling in die „Deutsche Tourenwagen – Challenge“ (DTC) gehen wollte, die im April beginnt. Die Fahrzeuge befanden sich gerade im Aufbau. Der Pilot war im Vorjahr DTC – Vizemeister. Am Samstag wollte sich die Firma auf dem Nürburgring eigentlich auf das erste Rennen im Langstreckenpokal vorbereiten, das in zwei Wochen stattfindet. Deshalb hatte man einen Wagen schon am Freitag in einem Transporter verfrachtet. Er blieb von den Flammen verschont.

Die Feuerwehr rettete auch ein Reifenlager, Sauerstoff- und Gasflaschen sowie eine noch nicht bezogene Wohnung und Büroräume. Drei der Wehrleute, die mit schwerem Atemschutz vorgingen, erlitten leichte Verletzungen. Gegen Mitternacht begann das Deutsche Rote Kreuz damit, die zum Teil völlig erschöpften Einsatzkräfte mit Eintopf und Getränken zu versorgen.